Advocacy "Anwalt" im Kampf gegen Brustkrebs

Lucia Schneiders

Vom 12. bis 14.11 fand in Mailand (Italien) ein Seminar statt zum Thema „Advocacy Training“, organisiert von EUROPA DONNA – The European Breast Cancer Coalition“. Diese Organisation zählt zur Zeit 36 Mitgliedsländer. Vertreten sind ausschließlich Frauen und ihr gemeinsames Ziel ist die Verbesserung der Aufklärung, des Screening und der angepassten Behandlung sowie die Erhöhung der Mittel für die Forschung im Be-reich Brustkrebs. Zwar wird das Thema auch unter medizinischen Aspekten angegangen, jedoch spielt in allen Bereichen die ganzheitliche Sicht eine bedeutende Rolle. Das Problem ist nicht nur der Tumor, sondern betrifft die Frau in ihrer Gesamtpersönlichkeit sowie ihr Umfeld. Ziel aller Bemühungen ist nicht nur die Verlängerung des Lebens sondern auch die Verbesserung der Lebensqualität.

An diesem Kursus fanden sich 27 Frauen aus 27 der 36 Staaten zusammen. Ich hatte die Chance, Belgien zu vertreten. Als Gesundheitsreferentin im Ministerium, unter anderem zuständig für das Mammotestprogramm und Mitglied von Europa Donna Belgium interessierte mich vor allem der Aspekt der Kommunikationskompetenz, wobei natürlich aktuelle medizinische Kenntnisse Grundlage einer fundierten Argumentation sind. Kommunikationsbereitschaft und Austausch trotz sprachlicher Einschränkung wurden ab Beginn in der Gruppe geprobt, denn egal ob Betroffene, Vertreterinnen verschiedener Organisationen oder Verantwortliche im Gesundheitsbereich, alle kamen mit der gleichen Motivation und dem gleichen Interesse.

In den ersten anderthalb Tagen wurde vor allem Fachwissen vermittelt. Namhafte Forscher und Ärzte bekannter europäischer Institutionen informierten die Teilnehmerinnen über den Stand der aktuellen Wissenschaft und die zu erwartenden Änderungen im Be-reich der Forschung, der Diagnostik und der Behandlungen.

Dr. Olivia Pagina basierte ihr Referat auf die Ergebnisse und die zu erwartenden Erkenntnisse im Bereich der Genforschung und der Hormonologie. Auf den Zellen identifiziert man sowohl Hormonrezeptoren, die krebsfördernde Einwirkungen ermöglichen,vor allem der der Östrogene, als auch Gene, die entweder als Anlage für Krebs angesehen werden (BRCA) oder auch solche , die eine tumorsuppressive Wirkung haben. So wird es wahrscheinlich in einigen Jahren möglich sein, den Brustkrebs zu typisieren und eine entsprechende spezifische Therapie durchzuführen.

Dr. Alberto Costa, Brustchirurg und Direktor der brustchirurgischen Einheit der „Fondazione Salvatore Maugeri, Pavia“, Mitglied vieler europäischen wissenschaftlichen Vereinigungen, wie z.B. „European School of Oncology“, vermittelte eine klare Übersicht zu den Highlights der Brustkrebsbehandlung, mit neuen und innovativen Ansätzen, wobei er den Schwerpunkt zwar auf die Multidisziplinarität legte, jedoch immer wieder darauf hinwies, daß es nicht die Brustkrebsbehandlung gibt und jede Behandlung in Absprache mit der Frau geschehen sollte. Dazu ist eine umfassende Information Grundbedingung.

Weitere Daten zu Epidemiologie, Vorbeugung und Risikofaktoren lieferte Eva Negri vom „Instituto di Ricerch Farmacologica Maria Negri“. Auch hier stand der hormonelle Einfluss der Östrogene im Vordergrund. Familiäre Anlage und Lebensgewohnheiten(Bewegung, Übergewicht, Alkohol) sind weitere beeinflussende Faktoren, es ist jedoch nach wie vor keine direkte Ursache des Brustkrebses bekannt Daher ist auch die Mammographie die einzige präventive Maßnahme.

Wahrscheinlich nicht weniger bedeutend ist die frühzeitige Diagnostik des Brustkrebses, die einerseits ein Screening nach europäischen Kriterien (European Mammographie Screen Guidelines) beinhaltet, kombiniert mit weiterführenden Untersuchungen nach bestimmten Normen, die aber noch kaum Anwendung finden.

So beschrieb Prof. Cataliotti, Präsident der Eusoma (European Society of Mastology) die Kriterien zur Gründung spezialisierter Brusteinheiten, in denen neben der Diagnostik auch die Behandlung zertifiziert wäre.

Kommunikationskompetenzen

Mitglieder von EDB haben nicht die individuellen Kontakte zum Ziel, sie wenden sich vielmehr an Bevölkerungsgruppen, wie z.B. an Frauen mit dem Ziel der Information und der Sensibilisierung, oder an Politiker und Verantwortliche um Gesundheitsbereich wegen Regelungen und Freigabe von Ressourcen. Die vermittelten Botschaften und Erwartungen sind also verschieden, auch wenn alle das gleiche Endziel haben: Maßnahmen im Kampf gegen Brustkrebs.

In verschiedenen Workshops wurden entsprechende Richtlinien dazu vermittelt und diese dann in Übungen „trainiert“. Schwerpunkte sind:

  • Wie kann ich die Frauen der Zielgruppe korrekt informieren ohne Panik zu schüren oder zu verharmlosen? Wie kann ich sie zu mehr Eigenverantwortung und Eigeninitiativen sensibilisieren in Bezug auf gesunden Lebensstil und Früherkennung?
  • Wie können wir die Medien für das Projekt gewinnen, auch wenn wir nichts Spektakuläres anzubieten haben.
  • Wie die politischen Entscheidungsträgerüberzeugen, Ressourcen zur Verfügung zu stellen, denn die Prävention ist teuer und bringt weder direkt evaluierbare Erfolge noch Schlagzeilen, und daher auch keine Publicity.
  • Mediziner: wie kann eine Frauenbewegung auf die medizinische Welt einwirken, z.b. um das Prinzip der Brustkrebskliniken bekannt zu machen nach der Grundlage“ keiner kann alles“ und dem Wissen, dass die Behandlung durch ein spezialisiertes Team die Heilungschancen um 16% erhöht und vor allem auch die Lebensqualität steigert.

In allen Bereichen gilt es selbstverständlich, die Anforderungen der verbalen und der non verbalen Kommunikation anzuwenden; dabei wurden auch einige Strategien angeraten, zur Überwindung der eigenen Ängste und Unsicherheiten und zur Förderung des Dialogs sowie zum Umgang mit unvorhergesehenen Reaktionen seines Gegenübers.

Nach Ansicht praktisch aller Teilnehmerinnen war dieser zweite Teil zu kurz, denn einerseits hatten wir sehr kompetente Trainerinnen, die uns noch viele Tipps und Tricks hätten geben können, andererseits war der Austausch in der Gruppe sehr bereichernd, da die Frauen aus Ländern mit verschiedenen sozialen und finanziellen Möglichkeiten kamen und aus verschiedenen Kulturen.

Darüber hinaus gingen sie auch das Problem des Brustkrebses aus verschiedenen Blickwinkeln an, trafen doch persönliche Erfahrungen mit medizinischen Erwartungen und volksgesundheitlicher Planung zusammen..

Alle Teilnehmerinnen fühlten sich nach die-sem Wochenende gestärkt und mit neuem Rüstzeug versehen und alle engagierten sich schon bei der bei der Einschreibung am Seminar dazu, Folgeaktionen in ihrem Land durchzuführen.